Berlin / Karlsruhe, 3. August 2021.

In einem Urteil vom 29. Juni 2021, dessen Begründung seit dem Wochenende vorliegt, hat der Bundesgerichtshof ein vorhergehendes Urteil des Kammergerichts aufgehoben (VI ZR 10/18). Das Kammergericht hatte fortgesetzte Herabsetzungen in einem dem Kläger gewidmeten Blog für zulässig erachtet. Der Fall hatte bereits mehrere Berliner Gerichte beschäftigt. Zuletzt hatte das
Kammergericht den zuvor noch vom Landgericht wegen der Pranger-Wirkung untersagten Blog als zulässig bewertet. Geklagt hatte ein Frankfurter Unternehmensberater, Mitglied in mehreren Aufsichtsräten diverser Unternehmen.

Ein als Medienberater tätiger Kleinaktionär betrieb bis in den Juli dieses Jahres den Internetblog www.aktienversenker.de, der seit zehn Jahren das gesamte berufliche Wirken des Klägers begleitete. In mehr als 100 Blogbeiträgen ließ der Beklagte keine Gelegenheit aus,über den Unternehmensberater Verdächtigungen zu verbreiten, die sich durchgehend als unzutreffend erwiesen. So bezeichneten zahlreiche Beiträge den Kläger als „Bilanzfälscher“, „Firmenräuber“, „Börsenhallodri“ oder „Börsenversager“, außerdem wurden ihm unter anderen „Lüge“, „Betrug“, „Habgier“, „Managementversagen“, „Kriminalität“ und die Vernichtung von Aktienvermögen in zahlreichen Unternehmen vorgeworfen. Gerichtsurteile, die diese Vorwürfe bestätigen konnten, liegen nicht vor.

Kommentierende Berichterstattung nicht zulässig, wenn sie der Erpressung dient

Das Kammergericht Berlin urteilte 2017, der Kläger habe diese Berichterstattung hinzunehmen, weil es um berufsbezogene Themen ginge und die Äußerungen auf dem Blog überwiegend „substanzarm“ seien. Das gelte sogar noch, wenn im Raum steht, dass der Beklagte eine „Entschädigung für seine Verluste mit Aktien an den Unternehmen“ in Höhe von mehr als 100.000 Euro für die Einstellung des Blogs verlangt haben soll.
Nun hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsauffassung des Kammergerichts für rechtswidrig erachtet.
Insoweit der Blog (auch) als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung diene, könne eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen. Dem sei das Kammergericht nicht hinreichend nachgegangen. Auch wenn keine Erpressungshandlung vorliegen sollte, kann der Betrieb eines einer einzelnen Person gewidmeten Blogs rechtswidrig sein, so der Bundesgerichtshof. Hier müsse das Kammergericht nun prüfen, ob der dauerhafte Betrieb eines solchen Blogs nicht
überwiegend darauf angelegt sei, den Betroffenen zu zermürben und zu belasten oder ob wirklich ein überwiegendes Informationsinteresse der Allgemeinheit vorläge.

Vertreten wurde der Kläger von dem Frankfurter Rechtsanwalt Alexander Setzer-Rubruck und vor dem Bundesgerichtshof von Rechtsanwalt am BGH Dr. Thomas Winter. Der beklagte Blooger wurde vertreten von der Kanzlei Schertz Bergmann, Berlin und von Rechtsanwalt am BGH Dr. Seiler, Karlsruhe.

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