Berlin/ Karlsruhe, den 08.06.2020

Ein Frankfurter Unternehmensberater, zugleich Aufsichtsratsmitglied und Vorstandsmitglied in mehreren mittelständischen Unternehmen, hat berechtigte Hoffnung in Zukunft nicht mehr von einem ehemaligen Kleinaktionär im Internet in einem Blog aufs Übelste herabgesetzt zu werden: Der unter anderem für das Presserecht zuständige VI. Zivilsenat gibt einer Beschwerde (VI ZR 10/18) auf Zulassung der Revision statt.

Der Senat wird jetzt ein Urteil des Kammergerichts Berlin (10 U 156/15) aus dem Jahre 2017 überprüfen, das auch fortgesetzte Beleidigungen und Verdächtigungen in einem Internetblog für zulässige Meinungsäußerungen erachtet hatte, solange es – wie im streitigen Fall – um berufsbezogene Angelegenheiten gehen würde. Der Fall hatte zuvor mehrere Berliner Gerichte befasst. Zuletzt hatte das Kammergericht, den zuvor noch vom Landgericht wegen der Pranger-Wirkung untersagten Blog, als zulässig bewertet, die Klage des Unternehmensberaters abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Ein als Medienberater tätiger Kleinaktionär, betreibt den streitgegenständlichen Internetblog, der seit 10 Jahren das gesamte berufliche Wirken des Unternehmensberaters begleitet. In seinen über 100 Beiträgen ließ der Medienberater dabei in der Vergangenheit keine Gelegenheit aus, über den Unternehmensberater Verdächtigungen zu verbreiten, die sich durchgehend als unzutreffend erwiesen. Zahlreiche Beiträge bezeichnen den Unternehmensberater als „Bilanzfälscher“, „Firmenräuber“, „Börsenhallodri“ und „Börsenversager“. Dem Unternehmensberater wird unter anderem „Lüge“, „Betrug“, „Habgier“, „Managementversagen“, „Kriminalität“ und die Vernichtung von Aktienvermögen in zahlreichen Unternehmen vorgeworfen. Gerichtsurteile, die diese Vorwürfe bestätigen konnten, liegen jedoch nicht vor.

Dennoch habe der Unternehmensberater diese Berichterstattung hinzunehmen, urteilte das Kammergericht Berlin, das die Äußerungen zugleich als überwiegend „substanzarm“ ansah. Dies gelte sogar auch, wenn im Raum steht, dass der Kleinaktionär von dem Unternehmensberater eine „Entschädigung“ von 100.000 EUR für die Einstellung des Blogs verlangt haben soll.

Anders hatte noch das Landgericht Berlin im Jahre 2015 geurteilt, und war zu dem Ergebnis gekommen, dass ein derartiger Blog wegen der Pranger-Wirkung rechtswidrig sei. Der Kleinaktionär betreibe den Blog ganz offensichtlich aus persönlicher Rache. Der Blog ziele daher ausschließlich darauf ab, gegen den Kläger Vorbehalte zu wecken, so das Urteil des Landgerichts Berlin.

In seiner erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde machte der Unternehmensberater geltend, dass Äußerungen, die zu erpresserischen Zwecken aufgestellt werden, nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen können. Zudem verkenne das Kammergericht, dass das Betreiben eines derartigen Blogs aufgrund der Gesamtschau und der Suchmaschinenoptimierung eine erhebliche Pranger-Wirkung entfalte und eine derartige Herausstellung des Klägers auch mit seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat für mittelständische Unternehmen nicht zu rechtfertigen ist.

Durch die Zulassung des Revisionsverfahrens hat der Bundesgerichtshof sich nunmehr die Chance gegeben, Hass und Hetze im Internet einzugrenzen. Der Schutz der Meinungsfreiheit gestattet nicht die Entstellung von beruflichen Biographien zu persönlichen Zwecken, insbesondere dann nicht, wenn enttäuschte Geschäftspartner versuchen, rechtlich unbegründete Zahlungsansprüche durchzusetzen oder einfach nur aus Rache im Internet Einzelne herabsetzen.